Noldes Gemälde „Abendmahl“ – ein Kunstkampf oder wie die Moderne ins Museum kam

Eine Lesung.
Rahmenprogramm der Sprechbuehne für die Ausstellung „Emil Nolde – Farben heiß und heilig“
in der Stiftung Moritzburg vom 21. April bis 28. Juli 2013.

Einführung: Wolfgang Büche (Leiter der Sammlungen)
Sprecher: Max Altstadt und Robert Rating
Künstlerische Leitung: Martina Haase

Mit Emil Nolde beginnt vor 100 Jahren der Aufbruch des halleschen Kunst- museums in die Moderne. Die neue, radikale Bildsprache dieses großen expressionistischen Malers lebt von der sinnlichen Kraft der Farben – eine Pro- vokation der etablierten deutschen Kunstszene vor dem Ersten Weltkrieg.

Der Ankauf seines religiösen Gemäldes „Abendmahl“ für das Museum in der Moritzburg löst 1913 einen Skandal aus: In einem öffentlichen Streit debattieren Wilhelm von Bode, Generaldirektor der Berliner Museen, und der hallesche Museumsdirektor Max Sauerlandt, ob zeitgenössische Kunst ins Museum gehört. Ankauf und nachfolgender Streit als ungewollte PR-Maßnahme machen beide berühmt: das hallesche Museum als Wegbereiter der Moderne und Emil Nolde als Erneuerer der Kunst. Max Sauerlandt trägt wesentlich zum Erfolg Noldes bei. Als Kurator, Biograf, Sammler und Freund begleitet er den Künstler.

Die Lesung stellt in Auszügen einen Kunststreit vor, der bis dahin in Deutschland einmalig war. Der damalige Oberbürgermeister von Halle Dr. Rive sprach sich für den Ankauf von Gemälden von Emil Nolde aus und erreichte gegen anfänglichen Widerstand die Erwerbung für das städtische Museum. Wilhelm von Bode wandte sich in einem öffentlichen Brief gegen diesen Ankauf, u.a. mit dem Argument: Sauerlandt „begreift nicht, daß die Auffassung und Wiedergabe des „Abendmahls“ unser Gefühl aufs tiefste beleidigen kann, daß die ganze expressionistische Malerei den meisten Kunstfreunden überhaupt nicht mehr als Kunst erscheint, ja sie geradezu anwidert.“

Emil Nolde schreibt in seinen Lebenserinnerungen: „Mit dünnen Bleistift- strichen zeichnete ich hart und spitz dreizehn Menschen auf einem Leinen hin, den Heiland und seine zwölf Apostel, um einen Tisch sitzend in der lauen Frühlingsnacht, in der Nacht, bevor das große Leiden Christi kam […]. Einem unwiderstehlichen Verlangen nach Darstellung von tiefer Geistigkeit, Religion und Innigkeit war ich gefolgt, doch ohne viel Wollen und Wissen oder Überlegung […]. Fast erschrocken stand ich vor dem aufgezeichneten Werk, um mich gar kein Vorbild der Natur, und nun sollte ich malen das geheimnisvollste, tiefinnerlichste Geschehnis der christlichen Religion! Beim Schlafengehen sah ich das Bild, in den Nachtstunden sah ich es, und beim Erwachen stand es vor mir. Ich malte glücklich. Das Bild wurde fertig. Das Abendmahl.“ (Emil Nolde: Mein Leben. DuMont Kunstverlag Köln 1976, S. 156f)


Nächste Aufführung am Sonntag, 16. Juni 2013 um 18:00 Uhr

Ort: Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, Friedemann-Bach-Platz 5 in 06108 Halle
Karten: an der Museumskasse vor Ort, 12 € und 7,50 € ermäßigt